Politikdidaktik: Der Besuch einer Sitzung des Landtages muss im WiPo-Unterricht gut vorbereitet werden

Am 16. Juli 2015 fuhren 17 Studierende im Rahmen der Veranstaltung "Konzeptionelle Ansätze in der Politikdidaktik: Planung und Praxis des Politikunterrichtes" (Seminar für Politikwissenschaft und Politikdidaktik) nach Kiel in das Landeshaus. Der Landtag hatte in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause zahlreiche Themen abzuarbeiten. "48 Themen waren für die Tagung vom 15. bis 17. Juli angemeldet worden – darunter allein neun Erste Lesungen und eine Regierungserklärung." (Quelle: Landtag SH/Plenumonline). Die Studierenden und ihr Dozent verfolgten Top 28, "Kindeswohl in Heimen", von der Besuchertribüne des Landtages. Anschließend diskutierten die Studierenden mit den Landtagsabgeordneten Volker Dornquast (CDU), Rasmus Andresen (Grüne) und Tobias von Pein (SPD) über die Hochschul- und Schulpolitik in Schleswig-Holstein.

Dabei wurde auch eine politikdidaktische Frage mit den Abgeordneten diskutiert: Welchen Eindruck hinterlassen die Landtagsabgeordneten auf ihre Besucher (insbesondere auf Schülerinnen und Schüler), die während der Debatte mit dem Notebook oder Tablett arbeiten. Schließlich, so argumentierte eine Studentin, würde das "Surfen" im Unterricht auch nicht erlaubt sein. Die Antwort der Abgeordneten lautete, dass der Landtag keine Schule sei und sich die Abgeordenten ständig mit neuen Informationen versorgen müssten. Die Informationen würden beispielsweise für noch folgende Debattenbeiträge der Abgeordeten benötigt.

Möglicherweise hatte die Frage der Studentin mehr Brisanz als die Antwort des Landtagsabgeordenten vermittelt. So verweist das Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften der CAU zu Kiel auf eine interessante Datenerhebung des Bayerischen Landtages. In dieser wurde festgestellt, dass sich bei jedem sechsten Besucher einer Plenardebatte das Bild der Abgeordneten durch als "(...) undiszipliniert empfundenen Verhalten (...)" und "(...) die schwache Präsenz von Abgeordneten (...)"  zum negativen verändert hat. Das Lorenz-von-Stein-Institut verweist auf dieses Ergebnis im Rahmen der Stellungnahme zu den Anträgen "Demokratie lebt von Beteiligung", LT-Drs. 18/2532, veröffentlicht als Umdruck 18/4273 des Schleswig-Holsteinischen Landtages. 

Eine Exkursion mit der Schulklasse in den Landtag, so die Erkenntnis der WiPo- Studierenden, muss im Politikunterricht gut vorbereitet werden. Sowohl mit den (möglichen) Inhalten der Sitzung, als auch politische Verfahrensfragen, wie "Zwischenfragen" und "3-Minuten-Beiträge" sowie die politische Kultur während der Debatte müssen die Schülerinnen und Schüler vorab vertraut gemacht werden. Auch muss der Unterschied zwischen einem "Arbeitsparlament" und einem "Redeparlament" im Politikunterricht geklärt werden, gleiches gilt die die Vorbereitung von Fragen für die Diskussionsrunde mit Abgeordneten. Ohne eine genaue fachliche Vorbereitung der Exkursion im Politik- und Wirtschaftsunterricht können die Schülerinnen und Schüler die unterschiedlichen politischen Inhalte und Beobachtungen während einer Landtagsdebatte nicht entsprechend einordnen.