Ein Besuch in Bonn und im Adenauer-Haus
Vor kurzem war ich wieder einmal in Bonn und besuchte u.a. das Adenauer-Haus. Es ist ein eigenartiges Gefühl, das mich immer häufiger überkommt, wenn ich in die alte Bundeshauptstadt zurückkehre. Bonn steht für mich bis heute nicht nur für einen Ort, sondern für eine ganze Epoche – die Bonner Republik. Eine Zeit, die pragmatische Rationalität (soziale Marktwirtschaft, Westbindung, "Wandel durch Annäherung", Arbeitsmigration, "Souveränitätsgewinn durch Souveränitätsverzicht", Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, "Magnettheorie", RAF-Terrorbekämpfung und NATO-Nachrüstung), außenpolitische Berechenbarkeit, Orientierung am Machbaren und eigene Interessen in den Mittelpunkt der Politik gestellt hat. Es ging Konrad Adenauer 1953 um die Schlüsselfrage "Freiheit statt Sozialismus". Es war der realexistierende Sozialismus des Ostblocks, der sich zusammen mit der Roten Armee in den Ländern wie Polen, Ungarn, dem Baltikum, Rumänien, Bulgarien, der Tschechoslowakei und der DDR festgesetzt hatte: "Es ist die Schicksalsfrage Deutschlands. Wir stehen vor der Wahl zwischen Sklaverei und Freiheit. Wir wählen die Freiheit!" - Regierungserklärung am 3. Dezember 1952 vor dem Bundestag zur Unterzeichnung der Pariser Verträge.
Meine erste Begegnung mit dieser Stadt liegt viele Jahre zurück. Damals absolvierte ich ein Praktikum im Büro von Wolfgang Börnsen, dem Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis 1. Bonn war noch Regierungssitz.
Die junge Bonner Republik war geprägt von klaren Leitbegriffen: „Freiheit statt Sozialismus“, Westbindung, soziale Marktwirtschaft. Es ging um das Maßhalten, um Pragmatismus und Rationalität statt moralisch aufgeladener Impulspolitik. Familie und christliche Werte bildeten einen relevanten Bezugspunkt. Aufstieg durch Bildung war in erster Linie eine individuelle Aufgabe (und leider auch abhängig von familiären Wohlstand). Und über allem stand ein tiefes Misstrauen gegenüber den kollektivistischen Versuchungen des Nationalismus wie auch des Sozialismus und Kommunismus. Auch wenn die Zeiten sich geändert haben, so haben viele dieser Grundsätze bis heute Gültigkeit behalten. Sie spiegeln ein Verständnis von Politik wider, das nicht nur durch Haltung und Solidarität lebt, sondern durch rationale Formulierung von eigenen Interessen, ökonomisches Maßhalten, außenpolitische Verlässlichkeit und die Kraft des politischen Ausgleichs.