Exkursionen zu außerschulischen Lernorten sind keine Ausflüge - es ist Lernen an einem anderen Ort

Gedenk KZ LadelundAußerschulische Lernorte sind, geografisch gesehen, Orte außerhalb des Schulgeländes. Inhaltlich gesehen, sollten sie eine hohe thematische Relevanz für den Unterricht haben. Sie beinhalten, wie es Pleitner (2012: 290) formulierte, „(...) das Versprechen, die Schule nach außen zu erweitern (...) und neue Lernchancen zu eröffnen. Andererseits unterliegen sie, wenn sie nicht in der Freizeit aufgesucht werden, genauso dem Curriculum und der Leistungsbewertung wie jede Unterrichtsstunde im Klassenraum auch." Außerschulische Lernorte werden nicht als Selbstzweck oder zur Motivation der Schülerinnen und Schüler aufgesucht, sie werden aufgrund eines inhaltlichen Mehrwertes und der methodischen Erfahrbarkeit angesteuert. Außerschulische Lernorte haben möglicherweise ein Motivationspotential, ganz sicher müssen sie jedoch ein inhaltliches Potential haben.

Collage: Die Fotos der Collage entstanden beim Besuch in den KZ-Gedenk- und Begegungsstätte Ladelund, eines von 87 Außenkommandos des Konzentrationslagers Hamburg-Neuengamme. Die KZ-Außenstelle Ladelund hatte am 01. November 1944 den (mörderischen) Betrieb aufgenommen. "Über 2000 Männer wurden als KZ-Häftlinge aus Neuengamme und Husum-Schwesing nach Ladelund geschafft, um Panzergräben in Zwangsarbeit und mit einfachsten Mitteln auszuheben. Die Lebensbedingungen der Häftlinge waren verheerend. Bis zur Auflösung des Lagers am 16.12.1944 starben über 300 Häftlinge an Unterernährung, Kälte, Erschöpfung, Krankheiten, Misshandlungen..." (Quelle: KZ-Gedenk- und Begegungsstatätte Ladelund

Die Kultusminister Konferenz (12/2014) merkt dazu an: "Im Spannungsfeld verschiedener möglicher Deutungen von Geschichte geht es dabei gleichermaßen um den Erwerb von historischem Bewusstsein, von Wissen, von Empathie, um die Entwicklung einer demokratischen Grundhaltung und die Förderung von Urteilsvermögen und Handlungskompetenz. In diesem Prozess spielen individuelles und gesellschaftliches, kultursensibles und multiperspektivisches sowie reflexives Erinnern eine wichtige Rolle." (KMK 2014). Dazu beschloss die KMK erstmals Empfehlungen zur Erinnerungskultur als Gegenstand historisch-politischer Bildung in der Schule.

 

Die eigene Stadt als Thema des Politikunterrichtes

Flensburg als InhaltIm Sommersemester 2013 befassten sich 25 angehende Lehrerinnen und Lehrer (Politik- und Wirtschaft/Vermittlungswissenschaften) der Uni Flensburg mit der Möglichkeit die (eigene) Stadt in den Mittelpunkt des Politikunterrichtes zu stellen. Die Vermittlung von politischen Themen im engeren und im erweiterten demokratietheoretischen Sinne, sowie partizipationsorientierte Vermittlungsmethoden standen im Mittelpunkt der Veranstaltung, die die Studierenden ganz wesentlich mitorganisiert haben. Dazu verließ das Seminar die Universitätsräumlichkeiten und verlegte die Seminarsitzungen beispielsweise in das Rathaus, auf "die Straße", in die Innenstadt, an den Hafen, auf den Sportplatz und in die Räume der "Arbeiterwohlfahrt (AWO)" .Die unterrichtsbezogenen Inhalte des Seminares entwickelten die Studierenden aus ihrer Lebenswelt in der Stadt Flensburg: Die zeitgleich stattfindende Kommunalwahl wurde von den Seminarteilnehmern thematisiert ("Interpretation von Wahlplakaten", "Die Podiumsdiskussion"), mögliche demokratische Partizipationsmöglichkeiten diskutiert ("Erhalt des Bücherbusses", "Fahrplanänderungen eines kommunalen Busbetriebes", "Einnahmen und Ausgaben der Stadt: Der Bürgerhaushalt als Partizipationsmöglichkeit?"), die Aufgaben einer Stadt hinsichtlich der sozialen Versorgung seiner Bürger ("Soziale Stadt: Die Schuldnerberatung"), die Bevölkerung der Stadt ("Einwanderung nach Flensburg sowie Integration in Flensburg"), der wirtschaftliche Strukturwandel der Stadt ("Straßennahmen als Zeichen des Wandels der Berufswelt"), Jugendkultur der Stadt ("Interpretation von Protestsongs", "Die Sportpiraten") sowie ausgewählte Aspekte der Stadtgeschichte ("Stolpersteine", "Denkmäler zur deutsch-dänischen Geschichte der Stadt") bildeten die thematischen Schwerpunkte des Seminares. Die unterrichtlich geplante Umsetzung der einzelnen Themen orientierte sich an unterschiedlichen fachdidaktischen Ansätzen, z.B. dem Ansatz des "Demokratie-lernens", der "Konzeption des problemorientierten Politikunterrichtes", der "Konzeption des rationalen Politikunterrichtes" und die "Konzeption des konfliktorientierten Politikunterrichtes". Allen Beteiligten sei für die engagierten Referate und Ausarbeitungen gedankt.

Politikunterricht ist anschlussfähig

Im erstmalig durchgeführten interdisziplinären Pflichtmodul an der Europa-Universität Flensburg suchten die angehenden Politiklehrerinnen und Lehrer nach anschlussfähigen Inhalten zu anderen Disziplinen. Dabei sollte die eigene politikwissenschaftliche und politikdidaktische Kompetenz der Studierenden durch Interdisziplinarität nicht "verwässert" sondern erweitert werden. Ausgangspunkt der Überlegungen war das Thema "Kommunalpolitik", welches im Lehrplan Schleswig-Holsteins ("Kernproblem: Partizipation - Politik vor Ort: Entscheidungen in der Kommunalpolitik werden getroffen") verbindlich aufgeführt wird. Kommunalpolitische Entscheidungen der Ratsversammlung können beispielsweise Auswirkungen auf die Ver- und Entsorgung der Bürger haben (Anknüpfungspunkt Biologie), der Jugendhilfe oder der Gewerbeansiedlung haben (Anknüpfungspunkt Ökonomie). Zivilgesellschaftliche Akteure haben aber auch die Möglichkeit die Kommunalpolitik zu beeinflussen (Anknüpfungspunkt Recht). Gleichzeitig wirkt die Geschichte einer Stadt bis in die Gegenwart und beeinflusst die gesellschaftliche, politische und ökonomische Entwicklung  (Anknüpfungspunkt Geschichte). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verließen für dieses Seminar häufig die Räumlichkeiten der Universität und suchten i.d.R. außerschulische Lernorte auf.

Für Informationen über den kommunalen Haushalt in das Rathaus und für die (Teil-)Darstellung der Judikative zu den Gerichten 

Katarina Brinkmann und Gesa Jansen, beide studieren u.a. Wirtschaft/Politik  für das Lehramt an Gemeinschafts- und Regionalschulen, organisierten für ihre Kommilitonen eine Exkursion in das Flensburger Rathaus. Der erste Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Flensburg, Henning Brüggemann, referierte über die Finanzlage der Stadt. Anschließend diskutierten die Studierenden und der Kämmerer über Lösungsansätze, wobei „Steuererhöhungen“ und „Rasenmäherkürzungen“ gleichermaßen als unbeliebte Maßnahmen eingestuft wurden. Mehreinnahmen könnten sich u.a. aus der Weiterentwicklung des Tourismus ergeben, auch wenn dafür zunächst entsprechende Investitionen getätigt werden müssen, so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion.

 

 

 

 

 

WIPO-Studierende diskutieren mit Bildungspolitikern im Landeshaus 

35 Studierende des Faches Wirtschaft/Politik der Universität Flensburg besuchten gemeinsam mit drei Dozenten am 30. Juni 2011 die Landtagsdebatte über den Atomausstieg. Anschließend diskutierten die angehenden  Vermittlungswissenschaftlerinnen und -schaftler mit den Landtagsabgeordneten (Foto v.l.n.r.) Susanne Herold (CDU), Silke Hinrichsen (SSW), Rasmus Andresen (Grüne), Martin Habersaat (SPD) und Carsten-Peter Brodersen (FDP) über aktuelle Fragen in der Bildungspolitik.